Der Koalitionsvertrag mit der SPD für 2011-2016

Koalitionsvertrag
zwischen den Fraktionen SPD und Bündnis 90 / Die Grünen in der Nidderauer Stadtverordnetenversammlung, in den Ausschüssen und Gremien

A. Gemeinsames Handeln

1. Die Vereinbarung schreibt die gemeinsam zu erreichenden Ziele fest und regelt die Zu-sammenarbeit in der Stadtverordnetenversammlung und in den anderen oben genannten Gremien.

2. Die Vereinbarung wird mit dem Ziel geschlossen den Mehrheitswillen der Bürger und Bür-gerinnen nach einer an sozialen, ökologischen und nachhaltigen Kriterien messbaren, sachgerechten und bürgernahen Politik umzusetzen und eine von gegenseitigem Wohl-wollen geprägte, partnerschaftliche Zusammenarbeit zu erreichen, die in offener und konstruktiver Weise sich gemeinsam den vereinbarten Zielen verpflichtet fühlt.

3. Diese Vereinbarung gilt für die weitere Dauer der Wahlperiode vom 16.06.2011 bis 31.03.2016. Die Vertragspartner verpflichten sich, die vereinbarten Ziele in handlungsfähige Konzepte zu formulieren und umzusetzen. Beide Partner tragen gemeinsam die Ver-antwortung für das gesamte politische Handeln der Zusammenarbeit.

4. Beide Vertragspartner werden ihre Arbeit laufend und umfassend miteinander abstimmen und in Verfahrens-, Sach- und Personalfragen Konsens erzielen und die gemeinsam beschlossenen Programmpunkte in dieser Legislaturperiode umsetzen bzw. wichtige Schritte dazu einleiten. Die Vertragspartner treffen sich regelmäßig, wenigstens einmal im Monat zu Koalitionsgesprächen im Koalitionsausschuss, um gemeinsame Wege und Entscheidungen zu planen, vorzubereiten und Durchführungsschritte abzustimmen. Die TeilnehmerInnen des Koalitionsausschusses haben das Mandat ihrer Fraktion, Verhandlungen zu führen und ein abschließendes Ergebnis zu erarbeiten. Die dort gefassten Absprachen sind für beide Fraktionen bindend.

5. In Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung oder in dringenden Fällen, die zwischen den beiden Partnern abgestimmt werden müssen, tritt der Koalitionsausschuss auf Wunsch eines Partners innerhalb von 48 Stunden zusammen. Der Koalitionsausschuss ist paritätisch besetzt und führt in Konfliktfällen Konsens herbei. Beide Partner können externe sach- und fachkundige Beratung, soweit notwendig, zur Herbeiführung von Einigungen beantragen und nutzen.

6. Über das Verfahren und die Arbeit in der Stadtverordnetenversammlung wird Einvernehmen zwischen den beiden Partnern hergestellt. Anträge und Anfragen auf Fraktionsebene werden gemeinsam oder im gegenseitigen Einvernehmen eingebracht. Die Einhaltung dieses Verfahrens ist elementarer Bestandteil dieser Vereinbarung.

7. Die Inhalte und Ziele des Vertrages werden bei Bedarf laufend fortgeschrieben.

B. Ziele

1. Die Neue Stadtmitte:
Alle Gebäude in der Neuen Stadtmitte haben mindestens Passivhausstandard zu erreichen. Dieses wird in geeigneter Weise in der Bauleitplanung oder durch anderweitige pri-vatrechtliche Verträge so festgeschrieben, dass es für Bauträger und Bauherren verbindlich ist. Die Energieversorgung und Energieeffizienz des bebauten Gebietes wird von einem wissenschaftlichen Beirat vorgegeben und begleitet. Die FH Frankfurt ist beispielsweise hierfür hinzuzuziehen.

Ein Vertreter des BUND wird sofort in den bereits bestehenden WEDI-Beirat mit aufge-nommen.

Der Grünflächenanteil wird deutlich erhöht, der Grüngürtel entlang des Landwehrgrabens großzügig bemessen. Die Versiegelung der bebauten Flächen soll so gering wie möglich gehalten werden. Einer aufgelockerten Bebauung ist der Vorzug vor einer verdichteten Bebauung zu geben.

Das Familienzentrum soll den Fachbereich Soziales aufnehmen und für Bürger und Bürge-rinnen nutzbar sein. Kleinteilige Raumgestaltung ist anzustreben. Auf keinen Fall soll ein weiteres Bürgerhaus mit großen Sälen entstehen. Eine gute Erreichbarkeit mit ÖPNV, Fahrrädern und für Fußgänger ist sicher zu stellen.

Bei der Verkehrsgestaltung sind Fachleute des VCD und ADFC einzubeziehen. ÖPNV, Fahr-räder und Fußgänger sollen hohe Priorität haben.Es soll so bald als rechtlich möglich eine Bürgerversammlung geben, die öffentliche Diskussionen über die geplante NSM anstrebt und zulässt.

2. Die Stadt Nidderau bezieht zum nächstmöglichen Termin zertifizierten Ökostrom.Die Aus-schreibung ist so zu gestalten, dass dieses Ziel sicher erreicht werden kann. Der Anbieter darf dabei ausschließlich in regenerative Energiegewinnung reinvestieren.

3. Die Koalitionspartner prüfen ernsthaft die Rekomunalisierung des Stromnetzes mit dem Ziel, dieses für die Kommune zu übernehmen. Die Infoveranstaltung zur Netzübernahme durch Kommunen ist schnellstens durchzuführen. Da eine Netzübernahme so kurzfristig nicht möglich ist, soll der neu abzuschließende Vertrag die möglichst kürzeste Laufzeit haben.

4. Der Standort für Windkraftanlagen zwischen Ostheim und Hammersbach soll so bald wie möglich genutzt werden. Die Stadt soll sich aktiv um Investoren bemühen. Hier sind solche vorzuziehen, die eine Bürgerbeteiligung an den Anlagen ermöglichen. Der Dialog mit der Gemeinde Hammersbach über die Errichtung der Anlagen ist wieder aufzunehmen.

5. Der private und städtische Energieverbrauch wird durch Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz deutlich reduziert. Das Klimaschutzforum wird dieses Ziel weiter politisch unterstützen; über das Energieforum werden Anreize zum Stromsparen gesetzt. Die Koali-tionspartner setzen sich das Ziel, dass am Ende der Legislaturperiode 100 % des privaten und städtischen Nidderauer Stromverbrauches durch regenerative Energien auf Nidderauer Gebiet dezentral erzeugt wird. Der aktuelle Bestand (Windkraftanlagen Eichen/Erbstadt, Biogasanlage, Bürgersolaranlagen) finden hierbei Anrechnung.

6. Die Koalitionspartner sehen Einsparpotential auch im Bereich der öffentlichen Straßenbe-leuchtung, sowohl in energetischer als auch finanzieller Hinsicht.

7. Die überfällige Fortschreibung des Bedarfs- und Entwicklungsplansder Feuerwehren soll unter der Beteiligung jeweils eines Vertreters aller Fraktionen sowie den Wehren und des Kreisbrandinspektors in einer Art Workshop abgewickelt werden; der HFA ist hierbei fe-derführend. Hierbei soll langfristig und nachhaltig den möglichen und wahrscheinlichen Entwicklungen Rechnung getragen werden. Synergieeffekte durch stadtteilübergreifen-deEinrichtungen sind unter Beachtung der Hilfsfristen ökonomisch sinnvoll zu entwickeln. Aber auch verstärkte interkommunale Zusammenarbeit wird angestrebt.

8. Feuerwehr Eichen: In 2010 beschlossen wurde die Verlagerung der Feuerwehr Eichen über den Standort jenseits der B 521, falls dies naturschutzrechtlich möglich ist. Die na-turschutzfachliche Bewertung war nicht Beschlussgegenstand.
Angedacht war, neben dem Feuerwehrgerätehaus auch weitere Gewerbe- und ev. Wohn-ansiedlungen zu ermöglichen. Die Koalitionspartner sind sich einig darüber, dass an diesen umfänglichen Plänen nicht festgehalten wird. Wird das Feuerwehrgerätehaus verlagert, soll lediglich überprüft und nach Kräften verfolgt werden, ob und wie ein Lebensmittelmarkt – im Wesentlichen zur Eigenversorgung der Eichener und Erbstädter Bevölkerung – angesiedelt wird. Mit Grund für die Verlagerung des Feuerwehrgerätehauses an diesen Standort ist die Sicherstellung zumindest der Tagesalarmbereitschaft, bei der bereits heute die Feuerwehr Erbstadt regelmäßig mit alarmiert wird.
9. Der Waldfriedhof wird mit konkreten Vorstellungen noch einmal in den Gremien vorgestellt, so dass durch Verwaltung und Forstamt eine Gestaltungsform gefunden werden kann, die in Nidderau umsetzbar ist. Die Koalitionspartner sind sich einig, dass der Waldfriedhof das bestehende Angebot an Bestattungsmöglichkeiten ergänzen und bereichern sollte.

10. Limesstraße: Der in der letzten Wahlperiode erfolgte Ankauf der Liegenschaft Limesstraße im Stadtteil Ostheim wird seitens der Koalitionspartner unterschiedlich bewertet. Mit der jetzigen Situation des Eigentums der Stadt ist aber umzugehen.
Es stehen Mittel zur Erhaltung der Liegenschaft aus den Sonderinvestitionsprogrammen sowie bereits beschlossene Mittelaus dem städtischen Etat zur Verfügung. Diese werden bestimmungsgemäß verwendet.
Die Vereinsgemeinschaft hat ein Konzept erstellt, wie die Liegenschaft für die örtliche Gemeinschaft genutzt werden könnte (Bürgerhof). Für die weitere Entscheidungsfindung ist auf Grund der begrenzten finanziellen Möglichkeiten der Stadt wichtig, ob und in welchem Umfang die Vereine Eigenleistungen erbringen werden. Ist dies in erheblichem Umfang gewährleistet, gestehen die Koalitionspartner eine Zeit bis zur Überprüfung zum30.06.2014 zu, ob sich die Nutzung bewährt und von der örtlichen Gemeinschaft angenommen wurde.
Die Eigenleistungen sind von der Vereinsgemeinschaft zugesagt und auch zwingende Be-dingung (vertragliche Zusicherung) für die Unterstützung durch die Koalitionspart-ner.Gelingen die Eigenleistungen wider Erwarten nicht, bleibt der Verkauf der Liegenschaft vorbehalten und wird angestrebt.
Die Partner sind sich einig, dass haushalterisch jeweils eine Deckelung der städtischen Mittel erfolgen wird.
11. Umgehung Heldenbergen/Windecken
Die Koalitionspartner legen Wert auf bestmöglichen Lärmschutz der vom Neubau der Umgehungsstraße betroffenen Bürgerinnen und Bürger.
12.Kinderbetreuung
Die Kooperationspartner sind sich einig, die Nidderauer Standards zu erhalten. Eine über-durchschnittlich gute Kinderbetreuung soll auch weiterhin Aushängeschild der Stadt Nidderau sein. Der bereits beschlossene workshop für den Bereich Kinderbetreuung, der im Wesentlichen auch die neuen Mandatsträger über die Leistungen der Stadt informieren soll, wird kurzfristig durchgeführt. Zur Transparenz der hohen Leistungen der Stadt in diesem Bereich sollen die Bruttokosten bzw. Gesamtkosten in diesem Bereich offen gelegt werden.
Es ist Ziel der städtischen Kinder- und Sozialpolitik, den Bildungs- und Erziehungsplan umzu-setzen. Die U3-Betreuung erfolgt im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben.
Die betreuten Kinder sollen nicht zuletzt auch optimal im Ernährungsbereich betreut werden. Es wird weiterhin eine dezentrale Mittagessenzubereitung unter möglichst großer Verwendung von in zertifiziert biologischer Anbauweise produzierten Nahrungsmitteln angestrebt
13. Politische Beteiligung
Der Stadtverordnetenvorsteher strebt an, Jugendliche besser über die Arbeit derStadtverord-netenversammlung zu informieren. Angedacht sind etwaStadtverordnetenversammlungen in den Räumlichkeiten der Schule. Dieses Vorgehen wird seitens der Koalitionspartner unterstützt. In der Wahlzeit der Stadtverordnetenversammlung sollen aber noch weitere Beteili-gungsmöglichkeiten der Jugendlichen geprüft werden.
Angestrebt ist generell eine noch größere Bürgerbeteiligung, wobei sich beide Partner einig darüber sind, dass diese nicht auf Vorgabe und Druck der Politik erfolgen kann und wird, sondern aus der Bevölkerung selbst gewünscht sein muss.
Der Haupt- und Finanzausschuss wird sich im 3. Quartal 2011 über Erfahrungen von Städten mit vergleichbarer Einwohnerzahl und Struktur wie Nidderau über deren Erfahrungen bei der Aufstellung von sog. Bürgerhaushalten informieren lassen. In Folge ist dann die Information der Bevölkerung in einer Bürgerversammlung vorzunehmen, um das generelle Interesse zu ermitteln. Besteht dieses, sind ab dem Haushalt 2013 vermehrte Bürgerbeteiligungen an den Haushaltsberatungen zu schaffen.
Zu Projekten wie neue Stadtmitte, Bürgerhof Ostheim o.ä. sind vermehrt Bürgeranhörungen durchzuführen.

14. Gebäudemanagement:
Für die Verwaltung der städtischen Liegenschaften ist ein qualifiziertes Gebäudemanagement einzurichten. Die Koalitionspartner sind davon überzeugt, dass u.a. eine ökologische, vor allem energieeffzientere Ausgestaltung der städtischen Liegenschaften zu Einsparungen bei den Unterhaltskosten führen wird.
15. Kultur:
Ein breites attraktives kulturelles Angebot soll erhalten bleiben. Dies wird wie bisher durch eine enge Zusammenarbeit mit den örtlichen Vereinen, dem Kulturbeirat und der Musikschule angestrebt. Der Kulturverbund mit Schöneck soll aufrecht erhalten werden.

16: Die nichtöffentlichen Tagesordnungspunkte der STVV werden auf ein Mindestmaß be-schränkt und an das Ende der jeweiligen Sitzung gelegt.
17. Finanzen:
Die Koalitionspartner stehen für einen soliden Umgang mit den Nidderauer Finanzen. An-gestrebt wird, die Fehlbedarfe im Ergebnishaushalt dauerhaft deutlich zu reduzieren. Bedin-gungen hierfür sind die weitere Optimierung des Mitteleinsatzes sowie der Verfahrensabläufe innerhalb der Verwaltung.
Nach der Neuverschuldung im investiven Bereich wegen der Neuen Stadtmitte ist es in der Vergangenheit zur erheblichen Nettoneuverschuldung gekommen. Die Koalitionspartner wollen zunächst das Ziel Nettoneuverschuldung Null erreichen und sodann Schuldenabbau betreiben.